Wir schreiben das Jahr 2025

Ein Zukunftszenario: Die Lkw-Fahrerin Hannah Meier ist in einem Verbund von Sattelzügen auf dem Weg von Hamburg nach Turin. Solange sie im Platoon ist, muss sie nicht mehr selber fahren. Denn im Jahr 2025 sind nicht nur die technischen Mittel dafür da, auch der Gesetzgeber hat die Grundlagen endlich geschaffen. Davon profitiert auch Hannah: Während der Fahrt arbeitet sie für ihr Fernstudium und am Zielort kann sie schon an der Einfahrt zum Logistikhof das Fahrzeug verlassen.

Wie an der Perlenkette aufgereiht schiebt sich ein Dutzend Trucks auf der A7 gen Süden. Auf ihren Trailern prangt das Logo einer Hamburger Spedition. Und es gibt noch eine Auffälligkeit: Die Lkw halten nur 15 Meter Abstand zueinander, das aber kontinuierlich. Denn sie sind elektronisch miteinander verbunden.

Hannah Meier im Führerhaus des Trucks an vierter Stelle hat sich an das Fahren im engen Verbund gewöhnt. Je nach Strecke verbraucht ihr Truck so dank aerodynamischer Vorteile sieben bis zehn Prozent weniger Kraftstoff. Und sie selbst kann während der Fahrt andere Aufgaben erledigen. Denn ihr Sattelzug folgt automatisch dem Leitfahrzeug. Selbst gesteuert hat sie ihn nur vom Hamburger Hafen auf die A1. Bis Mailand übernimmt die Elektronik das Steuer. Dort wird sich Meier aus dem Verbund ausklinken, um ihre Ware in Turin abzuliefern.

Für dieses Platooning auf Autobahnen hat der Gesetzgeber eine Ausnahme gemacht. Noch vor rund zehn Jahren hieß es in einer Mobilitätsstudie: „Die Haftungsfragen für das Platooning sind völlig ungeklärt. Die dahinterliegende Rechtsstruktur ist noch nicht einmal angedacht.“ Doch Modellversuche haben gezeigt, wie sehr alle Beteiligten von Kolonnenfahrten mit elektronischer Deichsel profitieren. Neben der Kraftstoffersparnis wird der knappe Verkehrsraum effizienter genutzt. Auch verheerende Unfälle, bei denen unaufmerksame oder übermüdete Lkw-Fahrer in Stauenden fuhren, kommen nicht mehr vor.

Weil diese Argumente die öffentliche Debatte forciert haben, dürfen Spediteure ihre Sattelzüge zumindest auf Autobahnen im Verbund rollen lassen. Die Vorbereitungen für die nächste Stufe der Automatisierung laufen nun auf vollen Touren. Fast jedes dritte Neufahrzeug in westlichen Ländern wird mit Automatisierungstechnik der Stufe 4 ausgeliefert: Fahrer sind hier noch an Bord, können aber – wie Hannah Meier – über weite Strecken die Kontrolle ans Fahrzeug abgeben.

Meier arbeitet auf ihrer Tour nach Turin an einer Hausarbeit für ihr Fernstudium „Logistik“. Darin zeichnet sie den Weg nach, auf dem das automatisierte Fahren im Güterverkehr Einzug hielt. Die Anfänge findet sie natürlich in der Forschung. Die ersten Fahrversuche fanden in den 1990er Jahren auf der A81 zwischen Stuttgart und Singen statt. 20 Jahre später hatten Nutzfahrzeughersteller und Start-ups in den USA die Freiheiten des dortigen Rechtsrahmens genutzt. Dieser erlaubte die Selbstzertifizierung, allerdings zum Preis sehr viel größerer Risiken in der Produkthaftung. Als die Automatisierungstechnik im Forschungsrahmen nachwies, was sie kann, wagten die Hersteller den Schritt auf öffentliche Straßen.

Annahme

Autonomes Fahren wird sich durchgesetzt haben.
Der Kupplungsprozess wird automatisiert sein.