Die Digitalisierung der gesamten Logistikkette vom Verlader über Fahrzeug und Fahrer bis hin zum Empfänger verändert den Güterverkehr grundlegend. Denn überall hinterlassen Fahrzeugkomponenten und Waren jetzt digitale Spuren. Werden diese Spuren systematisch gesammelt und aufbereitet, dann können Transportunternehmen sie gewinnbringend nutzen, um ihre Prozesse wesentlich zu optimieren. Im Mittelpunkt stehen dabei die Trailer, in denen die Waren gelagert sind. Denn eine durchgängig vernetzte Logistikkette kann nur gelingen, wenn der Trailer intelligent wird. „Der Auflieger enthält eine Menge an Komponenten, die wichtige Daten für den vernetzten Transport liefern können“, betont Mark Molitor, der bei SAF-HOLLAND für die Produktentwicklung auf dem nordamerikanischen Markt verantwortlich ist. „Während die Hersteller den eigentlichen Trailer-Aufbau bereitstellen, entwickelt SAF-HOLLAND viele wichtige Komponenten wie das Fahrwerk als Träger des Lenkungs- und Bremssystems, die Achsen mit den Radköpfen, die Stützwinden sowie die Sattelkupplung mit dem Königszapfen, die den Trailer mit der Zugmaschine verbinden.“ Genau diese Komponenten will SAF-HOLLAND in Zukunft mit immer mehr Intelligenz anreichern.
„Der Auflieger enthält eine Menge an Komponenten, die wichtige Daten für den vernetzten Transport liefern können.“ Mark Molitor, Vice President Product Engineering
Mark Molitor: Mit smarten Trailern können ungeplante Stopps vermieden werden.
Um das zu erreichen, arbeitet Molitor mit seinem Team am smarten Trailer. Für Logistikunternehmen liegt darin eine große Chance. Mit dem entsprechenden Datenschatz können sie beispielsweise in Echtzeit den technischen Zustand von Trailer und Ladung prüfen, die vorgeschriebene Einhaltung der Kühlkette überwachen oder Diebstahl vorbeugen. Vor allem aber können Daten, die aus dem Trailer gewonnen werden, in Transportmanagement-Systeme einfließen und dabei helfen, die Beladung zu optimieren sowie die Strecken- und Serviceplanung vorausschauend und effizient anzulegen. Auf diese Weise können Transportunternehmen, die seit jeher unter einem hohen Kostendruck stehen, nicht zuletzt ihre laufenden Kosten senken und mit einer noch besseren Auslastung der Fahrzeuge mehr Umsatz generieren. „Gemeinsam mit unseren Kunden bewerten wir derzeit, welche Anwendungen besonders wertvoll sind“, berichtet Molitor. „Es kommt dabei nicht nur darauf an, die richtigen Daten zu gewinnen, sondern auch, sie nutzbringend aufzubereiten und dem Kunden über digitale Netzwerke zur Verfügung zu stellen.“
Die Möglichkeiten und Ansätze für den smarten Trailer sind vielfältig. So bietet SAF-HOLLAND schon heute Systeme an, die den Fahrer über den Zustand des Bremsbelags informieren. „Zukünftig ist es möglich, diese Daten auch in ein Cloud-System zu senden und zu melden, wann der Belag abgenutzt sein wird und ausgetauscht werden muss“, schildert Molitor. Flottenmanager können so Wartungsintervalle automatisiert über ihre Logistiksysteme einspielen und Stillstandszeiten minimieren. Ein anderes Beispiel für zukünftige Entwicklungen sind Sensoren, die im Bereich der Radnaben angebracht sind und die während der Fahrt die Temperatur messen. Durch Lagerschäden oder Defekte in der Bremsanlage könnte eine Überhitzung entstehen – die Temperatursensoren können dies erkennen und einen Alarm an den Fahrer geben, um größeren Schaden zu vermeiden.
Smarte Trailer können auch dazu beitragen, unvorhergesehene Stopps während der Fahrt zu vermeiden. Das fängt schon bei den Reifen an, die der „SAF Tire Pilot“ kontinuierlich überwacht. Sinkt der Luftdruck unter den eingestellten Sollwert, versorgt der Kompressor der Zugmaschine die Reifen mit neuer Druckluft. Künftig können Luftfedern oder Gewichtssensoren an den Achsen den korrekten Ladezustand ermitteln und warnen, wenn der Auflieger überladen ist oder wenn Ladung ver-rutscht und die Lastverteilung nicht mehr optimal ist. Und sollte doch einmal ein Unfall passieren, dann können Lagesensoren sogar erfassen, wenn ein Auflieger oder ein Anhänger umgekippt ist und eine automatische Meldung an Rettungskräfte und Flottenbetreiber veranlassen.
„Ein weiteres, nicht zu unterschätzendes Problem unserer Kunden ist der Diebstahl von Ladung“, berichtet Molitor. Im smarten Trailer können deshalb auch an den Türen Sensoren verbaut werden, die jederzeit erkennen, ob die Türen geöffnet oder geschlossen sind. Sollten sie an einem Ort abseits der geplanten Ladepunkte geöffnet werden, dann kann das System den Fuhrparkmanager vor einem möglichen Diebstahl warnen. Voraussetzung dafür ist wiederum die genaue Ortung des Trailers. Dafür kann er mit GPS-Sensoren ausgestattet werden, die in regelmäßigen Abständen die GPS-Koordinaten des Trailers über die Cloud an den Flottenmanager melden. Der smarte Trailer bietet noch vielfältige weitere Möglichkeiten. Sicher ist dabei schon jetzt: Die Automatisierung und Digitalisierung von Vorgängen, die bislang gar nicht oder noch mit viel manueller Arbeit erfasst wurden, erschließt Transportunternehmen in der Zukunft deutliche Effizienzsteigerungspotenziale.
Alexandre Charpiot
leitet den Vertrieb und den Aftermarket EMEA/I bei SAF-HOLLAND und betreut mit seinen spezialisierten Teams die verschiedenen Kundengruppen wie Truck- und Trailerhersteller, Flottenkunden sowie Großhändler und Werkstätten.„Flottenmanager wollen ihre Ressourcen gezielt planen und vor allem Liegenbleiber vermeiden. Denn dadurch entstehen ihnen die höchsten Kosten.“ Alexandre Charpiot, Vice President Sales OEM & Aftermarket Europe
Welche Erwartungen haben Speditionen und Nutzfahrzeughersteller an die neuen digitalen Möglichkeiten im Transport? Und welche Lösungsansätze entwickelt SAF-HOLLAND? Ersatzteilgeschäft und Vertrieb trifft Forschung und Entwicklung: Ein aufschlussreiches Zwiegespräch von Olaf Drewes, Director Advanced Research & Technology, und Alexandre Charpiot, Vice President Sales OEM & Aftermarket Europe.
Alexandre Charpiot: Schon heute profitieren unsere Kunden von vorausschauenden Systemen. So sind die Bremsbeläge meist das erste Verschleißteil, das beim Trailer gewechselt werden muss. Aber auch die Stoßdämpfer sind hier zu nennen. Flottenmanager wollen ihre Ressourcen gezielt planen und vor allem Liegenbleiber vermeiden. Denn dadurch entstehen ihnen die höchsten Kosten.
Olaf Drewes: Genau an dieser Stelle können Sensoren helfen. Sie können zum Beispiel anzeigen, welche Komponenten vor einer Tour gewechselt werden müssen, um einen Liegenbleiber 1.000 Kilometer später zu vermeiden.
Alexandre Charpiot: Ein weiterer Wunsch unserer Kunden besteht darin, einen Aufenthalt in der Werkstatt möglichst kurz zu halten. Vorausschauende Systeme können dem Flottenmanager bei der Werkstattplanung helfen und für jedes Fahrzeug genau anzeigen, wann eine Wartung sinnvoll ist – und es dann per App direkt zur nächsten Werkstatt im Servicenetzwerk steuern.
Olaf Drewes: Bei den Bremsbelägen bietet SAF-HOLLAND schon seit längerer Zeit eine Verschleißerkennung an. Die sogenannte Endkontakt-Verschleißanzeige signalisiert, wenn ein Belag in absehbarer Zeit auszuwechseln ist. Wir haben aber auch eine kontinuierliche Verschleißsensierung entwickelt, die die Beläge von Anfang an kontrolliert. Damit können wir eine Vorhersage treffen, wann ein Belag seine Verschleißgrenze erreicht hat. Das ist ein erster Schritt in Richtung vorausschauender Wartung.
„Mit dem Datenschatz, den wir über intelligent vernetzte Sensoren gewinnen, können wir in Zukunft neue Produkte noch zielgenauer auf Kundenanforderungen und Einsatzbereiche hin entwickeln.“ Olaf Drewes, Director Advanced Research & Technology
Olaf Drewes
leitet die Vorausentwicklung von SAF-HOLLAND in Europa und konzentriert sich mit seinem Team von Ingenieuren auf Zukunftsthemen wie die intelligente Vernetzung von Achsen und Fahrwerk, Elektromobilität und Leichtbau.Alexandre Charpiot: Aber es geht auch anders: Mit unserer neuen SAF Adaptive Air Damping wird der Stoßdämpfer überflüssig. Damit entfällt ein Verschleißteil. Die Luftdämpfung ist ein gutes Beispiel dafür, wie durch den engen Austausch von Vertrieb und Entwicklung die Anforderungen unserer Kunden in neue Produkte einfließen.
Olaf Drewes: Unser gemeinsames Ziel ist es auf jeden Fall, Fuhrparkunternehmern mit digitalen Methoden mehr Effizienz und Sicherheit zu ermöglichen. Wenn man die Information hat, wann eine bestimmte Wartung fällig wird, dann kann man die Abläufe in einem zweiten Schritt auch automatisieren. Das geht vom Werkstatt-Termin bis hin zur automatischen Bestellung von Ersatzteilen.
Alexandre Charpiot: Da fehlt mir jetzt aber das Zwischenmenschliche. Unser Ersatzteil-Geschäft lebt ja auch von der kompetenten Beratung. Das muss kein Widerspruch sein.
Olaf Drewes: IT-gestützte Systeme können auch bei der Beratung unterstützen. Und mit dem Datenschatz, den wir über intelligent vernetzte Sensoren gewinnen, können wir in Zukunft auch neue Produkte noch zielgenauer auf Kundenwünsche und Einsatzbereiche hin entwickeln.